POP
CDs
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NEUES
AUS
DER
M U S I K W E L T
Immer noch
ein Freak
Kultgruppe The
W aterboys ist zurück
m it einem neuen Album
Mike Scott sieht exakt so aus, wie
man sich einen hippen Künstler aus
Greenwich Village vorstellt. Zum
Interview in einem Berliner Hotel
trägt er einen schwarzen Anzug, er
hat sich einen Hut über die langen
Haare gestülpt. Der gebürtige
Schotte strahlt diese New Yorker
Coolness aus - kein Wunder, lebt
er doch bereits seit Jahren in der
US-Metropole und hat einen weite-
ren Wohnsitz in Dublin. In die irische
Hauptstadt zieht er sich meistens
zum Arbeiten zurück, doch das neue
Waterboys-Album „Modern Blues“
(Harleqquin And Clown/Rough Tra-
de, auch als LP erhältlich) hat er mit
seiner Band in den Sound Emporio
Studios in Nashville eingespielt.
Warum es ihn ausgerechnet dort-
hin gezogen hat? Weil er versierte
Tontechniker brauchte, die eine
Live-Aufnahme nicht überfordern
würde: „Wir waren mit fünf, sechs
Musikern in einem Raum und
haben das direkt mitgeschnitten.
Die meisten Europäer, die fast nur
noch Overdubs machen, hätte die-
se Vorgehensweise überfordert.“
Sie wären, da ist sich Scott sicher,
bereits an der Ausrichtung der Mik-
rophone gescheitert. Also mussten
Spezialisten ran, schließlich sollten
in sechs Tagen neun Songs aufge-
nommen werden.
Dieser Zeitplan wurde minutiös
eingehalten. Mehr noch: Das Ergeb-
nis ist genial. Wie es der Plattenti-
tel vorwegnimmt, hat der Sound
etwas Bluesig-Kantiges. Nummern
wie „Still A Freak“ oder „Destinies
entwined“ lassen viel Raum für
Gitarrensoli. Widerborstiger Rock
vereinigt sich mit Soul: „Wir haben
uns am
Memphis-Sixities-Soul
orientiert.“ Möglich machte das
vor allem der Bassist David Hood,
von dem sich früher Aretha Frank-
lin, James Brown oder die Staple
Singers in den legendären Muscle
Shoals Studios Unterstützung hol-
ten: „Er brachte das nötige Feinge-
fühl für dieses Projekt mit.“
Deswegen hat ihn der
5 6
-Jährige
engagiert. Auch vom Keyboarder
„Brother“ Paul Brown erhoffte er
sich neue Impulse, während der
Geiger Steve Wickham ein alter
Weggefährte ist. Von
198 5
bis
1990
gehörte er zu den Waterboys,
2000
kehrte er dann wieder zurück. „Ich
wollte nie eine feste Band haben“,
sagt Scott. „Jeder bleibt nur so lan-
ge an meiner Seite, wie er mit den
Liedern harmoniert.“ Folgerichtig
war die Fluktuation stets hoch.
Mehr als
80
Musiker können sich
rühmen, zeitweilig zu den Water-
boys gehört zu haben: „Meine
Gruppe hatte mehr Mitglieder als
Santana.“
Dagmar Leischow
MUSIK ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★ ★ "
1
Whitey Morgan & The 78s
BORN, RAISED & LIVE FROM FLINT
Bloodshot/RTD CD
(50’)
Auch als LP
erhältlich
Als größtes Talent in der Outlaw
Country-Tradition
präsentierte
sich unlängst einmal mehr Sturgill
Simpson mit den „Metamodern
Sounds In Country Music“ (Musik:
4
1/2
Sterne, Klang:
4
Sterne). Mit
leicht prolligem Charme knüpfen
auch Whitey Morgan und seine
Band an besagte Tradition an, und
bedienen sich mit ihren Songs
auch gern bei großen Altvorde-
ren wie Merle Haggard und bei
der Honky Tonk-Klassik von Ba-
kersfield („Cheatin’ Again“). „You
guys are drunk as fuck“ wundert
sich der Sänger ernstlich, bevor er
das Trinklied „Turn Up The Bottle“
anstimmt.
F. Sch.
MUSIK
KLANG
Nickelback
NO FIXED ADDRESS
Republic/Üniversal CD
(43
')
Sind Sie Hardrock-Fan von Bon Jovi
oder Def Leppard? Dann dürfte Ih-
nen Nickelback nun besser gefallen
als je zuvor. Frühere Fans dagegen,
die die kanadische Band feierten
wegen ihrer einst wuchtigen Sym-
biose von Alternative und Grunge,
werden frustiert sein vom musika-
lischen Kurs, der immer deutlicher
Richtung Bombast-Stadionrock geht
und die Balladen schon hart an die
Kitschgrenze fährt. Sicher, die Songs
sind angenehm radiotauglich, aber
eben auch recht belanglos - musi-
kalische überraschende Wendun-
gen bleiben weitgehend aus, keine
Gitarrensoli trüben das derzeitige
Nickelback-Credo größtmöglicher
Eingängigkeit. Zwiespältig.
pb
MUSIK ■
KLANG ★ ★ ★
l]:Hj
BRETT NEWSKI
Brett Newski
AMERICAN FOLK ARMAGEDDON
Make My Day/Indigo CD
(auch als LP
erhältlich (35
’)
Er ist permanent auf Achse, spielt
über
200
Gigs im Jahr und kommt
dabei meistens mit einer umge-
schnallten Akustikklampfe aus.
Auf dem sympathisch geradlinigen
neuen Album wird Brett Newski
jetzt zwar von einer Minigruppe
begleitet, die schnoddrig-raue
Atmosphäre seiner Live-Auftritte
blieb jedoch erhalten. Zum rumpeli-
gen Powerfolk in der Nachbarschaft
von Billy Bragg und den Violent
Femmes besingt der Amerikaner
verlockend seinen Freiheitsdrang
(„Vs. The World“), die Allergie auf
starre Konventionen („Sooner Than
Now“) und das Herumziehen als
eingefleischter Vagabund („No
Anchor“).
hake
MUSIK
KLANG ★ ★ ★
Sons of Bill
LOVE AND LOGIC
Thirty Tigers/Alive CD
(44’)
Auch als LP
erhältlich
Große Vorbilder: Townes Van Zandts
„Pancho And Lefty“ inspirierte den
Song „Big Unknown“ teils richtig
notengetreu. Ein wenig wie „coun-
tryfied Pink Floyd“ (so das Magazin
„American Songwriter“ lobend)
klingt „Brand New Paradigm“ tat-
sächlich. Und Ken Coomer, ehemals
Drummer für Wilco, hat „Arms Of A
Landslide“ so produziert, dass es
wie die frühen R.E.M. klingt. Mehr
als durch Sounddesign überzeugt
das Quintett aus Virginia aber
durch mehrstimmigen Satzgesang,
psychedelisch schwelgende Pedal
Steel und Folk-Melodien wie die at-
mosphärisch fesselnde von „Road
To Canaan“.
F Sch.
MUSIK ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
126 STEREO 2/2015
★ ★ ★ ★ ★ hervorragend I ★ ★ ★ ★ sehr gut I ★ ★ ★ solide I ★ ★ problem atisch I ★ schlecht
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